Caesarenwahnsinn hat Konjunktur: Als Schlagwort pragt der Begriff sowohl die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit als auch die journalistische Berichterstattung uber Exzesse autokratischen Machtmissbrauchs. Die Ursprunge dieses Deutungsmusters liegen in der Antike und hier insbesondere in der Historiographie der romischen Kaiserzeit. Vor allem die Herrscher der julisch-claudischen Dynastie traf der Vorwurf des Wahnsinns in der antiken Uberlieferung. Dieses Sprechen uber den Wahnsinn versteht Florian Sittig in seiner Studie als Zugang zu den politischen Theorien der antiken Geschichtsdeutung und als einen essentiellen Faktor der sozialen Transformation. Auf Grundlage antiker Vorstellungen von geistig-seelischen Defiziten fragt Sittig nach der narrativen Funktion des verbreiteten Erzahlmusters - und kann auf diese Weise zeigen, wie der Wahnsinn der Artikulation divergierenden Interpretationen eines politischen Systems diente und so dessen Evolution ermoglichte.
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