Raubkunst, Kunstraub, koloniale Sammlungen von Kulturgutern - nicht erst seit der Kontroverse um die nigerianischen Benin-Bronzen des Humboldt-Forums in Berlin ist ein Streit daruber ausgebrochen, wie mit Sammlungsobjekten aus kolonialen Kontexten umgegangen werden sollte. Die unter Fachleuten schon langer andauernde Debatte hat 2018 neue politische Brisanz gewonnen, als der franzosische Staatsprasident Macron erstmals die Ruckgabe an die Herkunftsgesellschaften ankundigte und konkrete Schritte prufen liess. Mit der Forderung nach Restitution von Kunstschatzen kolonialer Provenienz werden grundlegende und ausserst komplexe Fragen nach der Gegenwart der Vergangenheit aufgeworfen und das in ethischer, wissenschaftlicher, politischer, juristischer und asthetischer Hinsicht. Sie betreffen nicht nur Kunsthistoriker*innen und Museumsfachleute, sondern auch Kultur-, Wissenschaftshistoriker*innen, Jurist*innen und Geschichtsdidaktiker*innen, aber auch alle diejenigen, die Museen besuchen, die sich koloniale Sammlungen anschauen und sich bisher wenig mit der Provenienz von Objekten beschaftigt haben. Im vorliegenden Band wird erstmals der Versuch unternommen, die geschichtskulturellen Dimensionen der Debatte auszuleuchten und einer breiteren Offentlichkeit nahezubringen. Rund dreissig deutsche und internationale Autor*innen melden sich zu Wort. Die Aufsatze verdeutlichen, wie wichtig es ist, ein Kernstuck der gegenwartigen gesellschaftlichen Auseinandersetzung um das Erbe des Kolonialismus von verschiedenen Blickwinkeln aus zu betrachten: Einfache Antworten gibt es nicht, und gerade in dieser Schwierigkeit liegt die besondere Aufgabe.
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