In der Frage, wie sich die Reformation auf den Alltag der damaligen Menschen, ihre Wahrnehmung und ihre Selbstrepräsentation ausgewirkt hat, wurden Gegenstände der materiellen Kultur bisher nur am Rande berücksichtigt. Komplementär zu den Schriftquellen vermögen Sachgüter jedoch beredte Auskunft darüber zu geben, wie sich konfessionelle Zugehörigkeit bzw. Distinktion gegenüber Andersgläubigen visuell manifestieren konnte und wie rasch sich in den einzelnen Regionen die Forderungen der Reformatoren – etwa in Hinblick auf den Kleiderluxus oder die Bilderfrage – durchgesetzt haben und verselbständigten. Sie zeigen ferner, in welchen Räumen und in welchen Medien die konfessionelle Auseinandersetzung geführt wurde, liefern aber auch Hinweise darauf, wo Elemente des alten Glaubens in protestantische Kulturpraktiken eingeflossen sind bzw. wo es durch die Reformation zu einer „Entzauberung“ gekommen ist. Auch für die jüngst wieder aufgeflammte Debatte, ob die Reformation nur eine Episode in einem längeren Wandlungsprozess war oder ob sie als epochales Ereignis zu werten ist, das in vielerlei Hinsicht einen raschen Wandel in Gang setzte, hält die materielle Kultur ein reiches Aussagepotential bereit.
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