In der Johannesoffenbarung findet sich die im Neuen Testament singuläre Erwartung eines zeitlich begrenzten, irdischen Messiasreiches am Ende der Geschichte. Traditionell wird die Funktion dieses tausendjährigen Messiasreiches (Millennium) als Trost für die unter Domitian verfolgten Christen Kleinasiens und als Ermutigung zum blutigen Martyrium bestimmt. Neuere altertumswissenschaftliche Forschungen haben jedoch gezeigt, dass sich eine umfassende oder lokal begrenzte Christenverfolgung infolge einer Forcierung des Kaiserkultes in Kleinasien an der Wende vom 1. zum 2. Jahrhundert nicht nachweisen lässt. Zudem beachtet das traditionelle Verständnis der Johannesoffenbarung und der Millenniumsvision kaum, dass die sieben Sendschreiben (Offb 2–3) weniger von einer äußeren als von einer inneren Gefährdung der Gemeinden durch das Auftreten von Irrlehrern sprechen. Vor diesem Hintergrund bestimmt die vorliegende Arbeit die Funktion der Millenniumsvision sowohl im Blick auf die Lebensbedingungen der christlichen Minderheit in den heidnischen Poleis Kleinasiens als auch im Blick auf den inneren Zustand der Gemeinden.
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