Die Hofkapelle gilt in der Mediävistik seit Langem als Herrschaftsinstrument des mittelalterlichen Königs: Durch ihre vielfältigen Aufgaben im Bereich von Kanzlei, Verwaltung und Diplomatie standen die Kapläne zur Ausübung der königlichen Herrschaft dauerhaft zur Verfügung. Anders als von der Forschung bisher angenommen, entwickelte sich im 12. und 13. Jahrhundert im Königreich Sizilien jedoch keine Hofkapelle, die diese Kennzeichen erfüllte. Das Tätigkeitsspektrum der Kapläne berührte zwar die genannten Bereiche, doch erfolgte ihr Einsatz auf diesen Gebieten weder systematisch noch ausschließlich. Insbesondere die an den Hofkirchen ansässigen Kapläne verfügten über eigenständige Handlungsmöglichkeiten, die sich vollkommen losgelöst von der direkten königlichen Herrschaftsausübung vollzogen. Entscheidendes Kriterium dafür, dass ein Kaplan für den Herrscherdienst herangezogen wurde, war nicht seine Stellung an sich; ausschlaggebend waren seine individuellen Fähigkeiten, Erfahrungen und Kontakte. Nicht auf der großen politischen Bühne erschließt sich daher die Bedeutung der Kapläne, sondern in einem regionalen und persönlich-informellen Bereich, in dem die sizilischen Kapläne auch unabhängig von den normannischen und staufischen Herrschern nachhaltig wirken konnten.
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