Das steigende Interesse der Forschung am »Nibelungenlied« und an Problemen der Heldendichtung lenkt auch vermehrte Aufmerksamkeit auf die »Kudrun«. Das Gedicht, unter starkem Einfluß des »Nibelungenliedes« entstanden und in einer aus der Nibelungenstrophe entwickelten Strophenform abgefaßt, bietet zugleich ein Gegenbild zu dem älteren Heldenepos. Nicht der Untergang der heroischen Welt ist Ziel der Handlung, sondern ihre Ablösung durch den neuen, milderen Geist höfischer Gesittung. In seinem Hauptteil preist das Gedicht die Überlegenheit weiblicher Leidensfähigkeit und Standhaftigkeit über das blutige Heldenwesen des versinkenden Zeitalters.
Die »Kudrun« ist nur ein einziges Mal in der berühmten Ambraser Handschrift aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts zusammen mit einer ganzen Reihe weiterer Heldendichtungen überliefert. Seit längerer Zeit war keine Ausgabe des Gedichtes mehr auf dem Markt. Jetzt ist es möglich geworden, die vielfach bewährte Ausgabe, die Karl Bartsch für die »Klassiker des Mittelalters« angefertigt hat, in die »Altdeutsche Textbibliothek« aufzunehmen. Sie erscheint unverändert in der Gestalt, die sie 1965 durch die Neubearbeitung Karl Stackmanns erhielt. Das Frühneuhochdeutsch der Handschrift ist in normalisiertes Mittelhochdeutsch umgesetzt worden. Dabei ist der überlieferte Wortlaut nach Möglichkeit erhalten geblieben. Abweichungen von der Handschrift, die zur Herstellung eines verständlichen Textes nötig waren, sind im Druckbild kenntlich gemacht. Die Ausgabe eignet sich besonders für den akademischen Anfängerunterricht. Die Erläuterungen führen in das sprachliche und sachliche Verständnis des Textes ein. Literaturhinweise ermöglichen es, grammatischen und inhaltlichen Problemen weiter nachzugehen.
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