Philologische Kompetenz und theologische Dynamik führten im 16. Jahrhundert zu einer neuen Wahrnehmung der Bibel als Fundament der christlichen Kirche. Deshalb rückte die Frage der Hermeneutik in den Fokus der Debatte und entwickelte sich zu einem Kapitel der Kontroverstheologie. Umstritten waren nicht nur die Überlieferungsgestalt und Klarheit der originalsprachlichen hebräischen oder griechischen Texte im Vergleich zur lateinischen Vulgata, sondern auch die Möglichkeit, im Gegenüber zum Autoritätsanspruch der Tradition ein thematisches Zentrum der Bibel zu bestimmen und methodisch als Skopus des Textes zu rechtfertigen. Für die Geschichte der Hermeneutik ist diese Wendung in der Geschichte der Bibelrezeption von Bedeutung, weil sich hier hermeneutische Prinzipien bei der Erschließung eines kanonischen, heiligen Textes bewähren mussten. Die Studien des vorliegenden Bandes untersuchen die argumentative Gestalt der frühneuzeitlichen Philologia Sacra und ihre Prägung durch apologetische Impulse kirchlicher Lehrbildung und Verkündigung im Kontext von Deutschland, Spanien und England. Dabei findet Salomon Glassius (1593‑1656) als repräsentativster Autor der Philologia Sacra im Luthertum besondere Beachtung.
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