In der griechischen Archaik entwickelte sich die Vorstellung, dass Tote mithilfe von Bildnissen (Puppen, Figuren etc.) manipuliert werden konnen, sei es, um sie sich dienstbar zu machen oder sie zu bannen. Ausgehend von der erstmals in den 1990er Jahren publizierten lex sacra von Selinunt auf Sizilien, einer langen griechischsprachigen Inschrift mit Opferanweisungen, diskutiert und analysiert Kresimir Matijevic alle weiteren relevanten literarischen, epigrafischen und archaologischen Quellen, die Aufschluss daruber geben, wie die Griechen ihre Toten instrumentalisierten. Es wird nachgewiesen, dass der wahrscheinliche Ursprungsort dieses Ritus in Mesopotamien liegt, wo Figuren benutzt wurden, um auf tote, aber auch lebende Menschen sowie auf Damonen einzuwirken. Wie bei Voodoo-Ritualen konnten im Zweistromland Puppen auch zu Zwecken der Heilung von Krankheiten eingesetzt werden. Matijevic zeigt, dass die von Teilen der Forschung vertretene Ansicht, die Griechen hatten diesen Brauch bereits in der Bronzezeit, also im 2. Jahrtausend v.Chr. gekannt, nach Auswertung der Quellen nicht haltbar ist. Auch die fruhen Epen Homers und Hesiods zeigen noch keine Spur dieser Vorstellung, hier ist der Tote immer noch grundsatzlich machtlos. Erst in nachhomerischer Zeit erlangen die Toten mehr Einfluss uber die Welt der Lebenden, etwa zeitgleich mit dem Transfer entsprechender Riten vom ostlichen Mittelmeerraum nach Griechenland, in denen verstorbene und lebende Menschen mittels Bildnissen manipuliert werden sollten.
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