Operette als Moraltheater: Jacques Offenbachs Libretti zwischen Sittenschule und Sittenverderbnis

Operette als Moraltheater: Jacques Offenbachs Libretti zwischen Sittenschule und Sittenverderbnis

Author
Ralph-Günther Patocka
Publisher
De Gruyter
Language
German
Edition
Reprint 2012
Year
2002
Page
304
ISBN
9783110921151,9783484660397
File Type
pdf
File Size
18.4 MiB

Obwohl die Forschung Jacques Offenbach (1819-1880) für sich neu entdeckt hat, wird sein Theater primär durch die Soziologenbrille Siegfried Kracauers wahrgenommen, wenn nicht gar indoktriniert. Die Vorstellung von Gesellschaftskritik in Form von "Parodie" und "Satire" dominiert seither die Rezeption, die in der deutschsprachigen Theaterpraxis zudem durch die Übersetzungsproblematik wie durch die gängige Überzeugung belastet ist, Offenbachs Stücke bearbeiten zu müssen. Dabei sind viele Texte besser als ihr Ruf. Um sie angemessener verstehen und historisch gewichten zu lernen, waren Ort und Zeit ihrer Entstehung neu zu befragen - eine Zeit, welche ein jahrhundertumspannender, Politik, Kirche, literarisches Leben und Öffentlichkeit permanent erregender Moraldiskurs prägt. Die in ein veritables Moral(isierungs)theater mündende Sittenkomödie ist ihr theatraler Beitrag, der in Alexandre Dumas fils, dem Propagandisten eines "nützlichen Theaters", seinen hervorragensten Repräsentanten gefunden hat. Daß Dumas fils und Offenbach nicht nur auf privater, sondern auch auf ideeller Ebene mehr verband als bisher vermutet, soll mit paradigmatischen Stücken belegt werden. Fünf frühe Einakter sind ausgewählt, auf die moralische Disposition im Offenbachschen Schaffen aufmerksam zu machen. Den Kern der Untersuchung bildet jedoch die Zusammenschau von fünf großen Werken, opéras bouffes von »Orphée« bis »Barbe-Bleue«, mit denen auf seiten einer fortschrittlichen Moral und konzeptionell progredierend in den Moraldiskurs eingegriffen wird.

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