Es gehört zu den wirksamsten Dogmen der Aufklärungsforschung, dass die deutschsprachige Philosophie keine materialistische Theorie ausgebildet habe Die Texte Michael Hißmanns (1752–1784) zeigen dagegen, dass sich im Kontext der Göttinger empiristischen Schule im späten 18. Jahrhundert durchaus ein ambitionierter Materialismus entwickelte. Hißmann hat seine materialistische Grundlagentheorie auf vielerlei Feldern der Philosophie umzusetzen gesucht; so in der Psychologie, Anthropologie, praktischen Philosophie, in den Geschichtswissenschaften, der Sprachphilosophie und Poetik. Vor dem grundsätzlich materialismuskritischen Hintergrund der deutschen Spätaufklärung wirkt diese affirmative Aufnahme und systematische Ausarbeitung eines Materialismus durch Michael Hißmann besonders auffällig, und sie wurde daher von vielen Zeitgenossen argwöhnisch begleitet. Dieser Band versammelt erstmalig Texte Michael Hißmanns aus allen – z. T. schwer zugängigen – Werkbereichen, so den popularphilosophischen "Briefen über Gegenstände der Philosophie" sowie eine vollständige Präsentation seines Hauptwerkes "Psychologische Versuche" von 1777. Darüber hinaus werden Studien und Aufsätze zum Naturrecht, zur Philosophiegeschichte und Geschichtsphilosophie sowie zur Religionsphilosophie und Ästhetik vorgestellt und kommentiert, die ein facettenreiches Bild des Materialismus in der deutschen Aufklärung bieten.
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