Ferdinand von Saar (1833 - 1906), zwischen Biedermeier und Moderne stehend, hat mit seinem Werk Anteil an beiden Epochen und liefert damit überdies einen sehr eigenständigen Beitrag zur realistischen Erzählkunst, in dem tiefe Lebenswahrheit und scharfe Gesellschaftskritik mit hoher künstlerischer Darstellung und Form sich vereinigen. Sein Werk ist bis heute nicht gewürdigt. Es wird nun einzeln in einer Reihe von Monographien historisch-kritisch herausgegeben. Jeder Band bietet neben dem kritischen Text eine ausführliche Entstehungs- und Wirkungsgeschichte sowie eine eingehende Deutung. Methodisch neuartig ist die bewußte Verbindung von Edition und Interpretation.
Die Erzählung "Ginevra", 1890 erstmals erschienen, spiegelt das alte Thema von Schein und Sein vor dem Hintergrund der Zeit- und Moralgeschichte der Biedermeierzeit wider. Ein unzeitgemäßes und zerbrechendes Liebesideal wird verwoben mit symbolischen Bezügen, die von der mittelalterlichen hohen Minne über die italienische Renaissance bis zum russischen Realismus reichen. Bemerkenswert ist, daß hier - ein seltener Fall - die Handschrift vorliegt; sie ist in allen Textbewegungen (mit integralem Apparat) wiedergegeben.
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