Hätte es bereits in der Antike eine Boulevardpresse gegeben – der Hof des Herodes wäre nie aus den Schlagzeilen gekommen. Herodes ließ Mitglieder aus dem engsten Familienkreis hinrichten, darunter seine Ehefrau Mariamme, mindestens drei seiner Söhne, seine Schwiegermutter Alexandra und seinen Schwager Joseph. Und vielleicht war es gerade die Brutalität im Umgang mit seinen Söhnen, die es seinen Gegnern im nachhinein ermöglichte, ihm jene Untat anzudichten, die Herodes für alle Zeiten einen Platz unter den finstersten Gestalten der Weltliteratur sichern sollte: den Kindermord von Bethlehem. Dieses Gruselstück, von dem der Evangelist Matthäus spricht, hat aber, gottlob, nie stattgefunden. Das ändert jedoch nichts daran, daß Herodes zu Lebzeiten und über seinen Tod hinaus unter einer "schlechten Presse" zu leiden hatte. Dabei war er ein unbestreitbar erfolgreicher Herrscher – sowohl im Hinblick auf seine persönlichen Erfolge als auch im Hinblick darauf, was er für sein Volk erreicht hat. Am Ende seiner Regierungszeit konnte er sich eine geglückte Friedenspolitik, Städtegründungen, Tempelbau, die Sicherung jüdischer Diaspora-Gemeinden im Imperium Romanum, ja sogar eine echte Sozialpolitik zugute halten. Vieles von dem, was ihm gelang, war ihm jedoch nur möglich, weil er es verstand, sich mit dem mächtigsten Mann seiner Zeit – dem römischen Kaiser Augustus – gut zu stellen. Das wiederum trug ihm bei den Juden den Vorwurf ein, ein Freund der Römer und damit der verhaßten Besatzungsmacht zu sein. So schwankt, von der Parteien Gunst und Haß verzerrt, auch sein Charakterbild in der Geschichte. Ob ihm der jüdische Historiker Flavius Josephus das schmückende Beiwort der Große mit Recht hat zukommen lassen, läßt sich besser beurteilen, wenn man die differenzierte, faktenreiche und anregende Biographie Ernst Baltruschs gelesen hat.
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