Die vorliegende Studie fragt nach der Relevanz, mittelalterlicher' Sujets in der Oper der frühen Neuzeit und versucht mithin den Beitrag des Genres, das sich mit Blick auf seine humanistisch-renaissancezeitlichen Wurzeln gemeinhin eher als Sachwalter und Vermittler antiker (Stoff-)Traditionen darstellt, für eine Rezeption des, Mittelalters' als einer historischen Periode an der Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert zu bestimmen.
Ihren Ausgangspunkt nimmt die interdisziplinär angelegte Untersuchung von einer ausgreifenden heuristischen Erschließung entsprechender Stoffe und Werke an 15 bedeutenden Opernzentren im Reich, in Italien, Frankreich und England. Ein signifikantes Resultat dieser Bestandsaufnahme ist der speziell für das norddeutsche Musiktheater um 1700 charakteristische Typus der, dynastischen Mittelalteroper', der sich für die Fragestellung und Perspektive der Arbeit als überaus fruchtbar erweist und dem sich die detaillierten Analysen des Hauptteils in ihrer jeweiligen Zusammenschau von konkretem Libretto (Haupt- und Paratexte), Partitur, zeitgenössischer Inszenierungspraxis und kulturgeschichtlichen Kon-texten eingehend widmen. Dabei werden nicht nur die Verschiebungen aufgezeigt, die zwischen höfischer (Braunschweig, Hannover) und städtischer bzw. stadtrepublikanischer (Hamburg) Repräsentations- und Memorialkultur zu Tage treten, sondern auch Spielräume des Dramma per musica – das im Anschluss an den aktuellen historisch-wissenschaftlichen Diskurs der Zeit auf das, Mittelalter'als Ursprungs- oder Frühraum der je eigenen Geschichte rekurriert – zwischen politisch motivierter Funktionsoper einerseits und genuiner Historienoper andererseits offengelegt.
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