Wandlungen im Charakter der literarischen Antike-Rezeption bezeugen ebenso wie die Bestandsaufnahme und Problematisierung der philosophischen Tradition, archäologische und kulturwissenschaftliche Neuansätze, daß die Antike auch im gegenwärtigen Stadium der Selbstrevision der Moderne eine gewichtige Rolle spielt – als historischer Referenzpunkt der Neuorientierung angesichts der Herausforderungen der Gegenwart. Die auffällige Renaissance und zentrale Bedeutung der Antike steht nicht im Zeichen einer Reetablierung der Tradition, sondern einer an Bruchstellen orientierten Genealogie von Problematisierungsweisen und einer Vielzahl von neuen Fragen, die an die Antike gerichtet werden. Als "Daidalische Diskurse" werden im vorliegenden Buch zeitgenössische Debatten über das Verhältnis von Technik, Wissenschaft und Kunst, über die Grenzen von Kunst und Nichtkunst, über die "Zwei Kulturen" und über die Möglichkeitsbedingungen für eine "dritte Kultur" verhandelt, insbesondere unter dem Gesichtspunkt, daß sie sich vielfach mit einer erneuten Befragung des griechischen Techne-Begriffs verbinden. Dieser wird neu bewertet: nicht als Ungeschiedenheit des noch nicht Ausdifferenzierten, sondern als Modell eines kulturellen Feldes, in dem Differenzierungsprozesse nicht notwendig zu Dichotomien und Ausschlüssen führen müssen.
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