Die spätmittelalterlichen Reisebeschreibungen über die Wallfahrt nach Jerusalem sind einzigartige Zeugnisse der Kulturbegegnung. Ausführlich berichten die Verfasser über ferne Städte und exotische Länder, detailliert schildern sie die fremdartigen Verhaltensweisen ihrer Bewohner und die ungewohnten Lebensbedingungen. Die Pilgerberichte des Ulmer Dominikaners Felix Fabri gelten dabei als Höhepunkt des Genres. Mit außerordentlicher Akribie und Detailgenauigkeit hielt er die Erlebnisse seiner Jerusalemwallfahrten 1480 und 1483 fest. Neben dem monumentalen, an seine Klosterbrüder gerichteten Evagatorium Terrae Sanctae, Arabiae et Egypti peregrinationem verfasste er für ein Laienpublikum eine deutschsprachige Version, einen geistlichen Pilgerführer und ein gereimtes Pilgerbüchlein. Aus kulturhistorischer Perspektive analysiert Stefan Schröder systematisch die Fremd- und Selbstbilder in den Werken des Felix Fabri und stellt sie durch den Vergleich mit Pilgerberichten des 13. bis 15. Jahrhunderts in einen größeren historischen Kontext. Im Blickpunkt stehen Fabris Strategien zur Vermittlung und Beglaubigung des Gesehenen sowie die Funktionalisierung des Fremden und Anderen zur Konstituierung von Norm- und Wertvorstellungen. Am Beispiel seiner Beschreibungen der Venezianer, Muslime und Juden werden die kulturellen Grenzen und Identitätsvorstellungen in vormodernen Gesellschaften hinterfragt. Anhand des Mittelmeers sowie der Landschaftsdarstellungen Palästinas und Ägyptens geht der Autor Fabris Raumkonzepten nach.
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