Die Problemlage, von der Sallis ausgeht, ist die noch keineswegs bewältigte, aber auch nicht mehr mit Aussicht auf Erfolg revidierbare Einsicht, daß die das abendländische Denken von Beginn an leitende Hoffnung, die dem Menschen gegebene Vernunft biete ihm die Chance zur Erkenntnis des Absoluten und damit der Sinnhaftigkeit seines Daseins, sich als eine unverzichtbare, aber uneinlösbare Illusion entpuppte. Da es nicht weiterhilft, das Scheitern aller Bemühungen um die Grundlegung einer die Sinnfrage verbindlich entscheidenden Metaphysik zu beklagen, unternimmt Sallis den Versuch, den Grenzpunkt zu bestimmen, an dem der Anspruch der Vernunft, der Erkenntnis des Absoluten mächtig zu sein, de facto zusammenbricht - denn nur von diesem Punkt aus läßt sich allenfalls eine Chance eröffnen, auf die Sinnfrage eine nichtmetaphysische, befriedigende Antwort zu finden. In vier aufeinanderfolgenden, von Stufe zu Stufe radikalisierten Interpretationsgängen gelingt Salis der Nachweis, daß die von Kant in der „Transzendentale Dialektik" aufgestellten Paralogismen und Antinomien den Grenzpunkt markieren, an dem deutlich wird, daß alle von Vernunft gesetzte Einheit notwendig fragmentarisch bleibt: was sie als ihre Leistung ansieht, das „Versammeln von Mannigfaltigkeit in der Einheit", entspringt nicht der Autonomie des erkennenden Subjekts, sondern dem aller Ration uneinholbar vorausliegenden Spiel der Einbildungskraft.
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