Die Vormundschafts-, Familienrechts- und Fürsorgeerziehungssachen in der gerichtlichen Praxis

Die Vormundschafts-, Familienrechts- und Fürsorgeerziehungssachen in der gerichtlichen Praxis

Author
Dr. Ferdinand Hensel (auth.)
Publisher
Springer-Verlag Berlin Heidelberg
Language
German
Edition
2
Year
1963
Page
644
ISBN
9783642473999,9783642473975
File Type
pdf
File Size
29.0 MiB

§ 1. Verhaltnis des vormundschafisgerichtlichen Verfahrens zum Zivil· und Strafproze. B. Quellen. Auslander 1. Die Tatigkeit des Vormundschaftsgerichts gehOrt dem Gebiet der freiwilligen Gerichtsbarkeit an, die abgesehen von den Sondergerichtsbar keiten neben der Zivil- und Strafrechtspflege den dritten groBen Zweig der Rechtspflege uberhaupt bildet. Das Vormundschaftsgericht erfullt seine Aufgaben vorwiegend im all gemeinen, also offentlichen Interesse. Dieser Umstand unterscheidet die vormundschaftsgerichtliche Tatigkeit von der Zivilgerichtsbarkeit, die im wesentlichen nur mit der Regelung der Rechtsbeziehungen der streitenden Parteien befaBt ist. Aus diesem Unterschied erklart es sich, daB die Ent scheidungen der ZivilprozeBgerichte grundsatzlich fiir das Vormund schaftsgericht nicht in dem Sinne verbindlich sind, daB das Vormund schaftsgericht, wenn es dies fur erforderlich halt, nicht inhaltlich ab weichende Anordnungen treffen konnte. So hindert z. B. die durch das Ehescheidungsgericht im Wege der einstweiligen Anordnung gemaB § 627 ZPO erfolgte Regelung der Sorge fur die Person eines Kindes des Vormundschaftsgericht nicht, MaBnahmen gemaB § 1666 BGB zu treHen, wenn es dies zum Schutze des Kindes fiir geboten haIt. Eine Aus nahme von diesem Grundsatz gilt jedoch fiir diejenigen Entscheidungen der ProzeBgerichte, die mit Wirkung fiir und gegen alle ausgestattet sind (Familienstandsprozesse: §§ 640f£. ZPO, geandert durch das Familien rechtsanderungsgesetz vom 11. 8. 1961 Art 3, BGBl I S. 1227). Erkenntnisse der Strafgerichte sind ebenfalls fiir das Vormundschafts gericht grundsatzlich nicht bindend. Dieses ist nicht gehindert, einen Tatbestand anders zu werten, als es in einem strafgerichtlichen Urteil geschehen ist.

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