Stefan Hradil "Das Sein bestimmt das Bewußtsein", auf dieser Prämisse beruhte nahezu die gesammte herkömmliche Sozialstruktur-und Ungleichheitsanalyse. Von der marxistischen Klassentheorie bis hin zur funktionalistischen Schichtungs- theorie wurde unterstellt, daß "objektive" Lebensbedingungen "subjektive" Lebensweisen prägen. Diese Erwartung der Abhängigkeit des "Subjektiven" vom "Objektiven" ging in weitaus die meisten Theorien, Konzepte und Ope- rationalisierungen ein. So wurden, sieht man einmal von der Interaktions- Prestige-Schicht-Forschung der Nachkriegszeit und späteren Stigmatisie- rungs-und Vorurteilsuntersuchungen ab, bis in die 70er Jahre hinein andere als psychologisch-deterministische Fragestellungen kaum untersucht. Deter- ministisch waren die Ansätze nicht nur, indem sie auf die "objektive" Öff- nung und Schließung "subjektiver" Möglichkeitsräume ausgerichtet waren. Auch die inhaltliche Bestimmung des Denkens und Verhaltens erschien de- terminiert: "Arbeiterbewußtsein", "Angestelltenmentalität", "schichtspezifi- sche Sozialisation", "Proletariat", "Kleinbürgertum", "Bourgeoisie" - all diese vertrauten Kategorien beruhen weitgehend auf "objektivierenden" So- zialstrukturkonzepten. Schon in den 70er Jahren wuchs das Unbehagen hieran. Die Kritik kam zuerst aus den Reihen der Praktiker. Lehrer, Wahlkämpfer, Marketing-Leu- te entdeckten in solchen Klassen-, Schicht-und Berufsrastern immer größere Unzulänglichkeiten.
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