'Vornehmste Stadt des Reichs' nannte Kaiser Karl IV. Nürnberg im Jahre 1366. Da hatte er die freie Reichsstadt längst zu seiner zweiten Residenz nach Prag, der Hauptstadt Böhmens, erkoren. Es war ihm gelungen, die städtischen Eliten in seine Pläne einzubinden und sich ihren wirtschaftlichen Ehrgeiz zunutze zu machen. Angehörige der großen Nürnberger Familien besaßen Dependancen in Prag oder hatten geistliche Pfründe und Hofämter inne. In dieses Gewebe aus Beziehungen stößt Jirí Fajt vor, um den kaiserlichen Einfluss auf das Nürnberger Kunstschaffen zu ergründen. Denn Karl IV. beschäftigte hier mit Sebald Weinschröter einen Hofmaler, dessen Werkstatt auch die Nachfrage jener Familien bediente, die sich als kaisernah verstanden und diese Verbundenheit mit den Mitteln künstlerischer Repräsentation auszudrücken suchten. Indirekt spiegeln sich die weitgespannten Handelskontakte der Nürnberger im maßgeblichen Kunststil der Stadt wider, der italienische und franko-flämische Einflüsse offenbart. Nach Lektüre dieser Studie kann Nürnberg unter Karl IV. nicht länger als böhmische Kunstprovinz gelten.
Jiri Fajt, deutsch-tschechischer Kunsthistoriker, wohnhaft in Berlin, wirkt seit 2000 in verschiedenen Leitungspositionen am Leibniz-Institut für Geschichte und Kultur des östlichen Europa in Leipzig (GWZO). 2014–2019 war er Generaldirektor der Nationalgalerie Prag. Er lehrt als PD an der Technischen Universität Berlin. Kurator mehrerer internationalen Ausstellungen. Verfasser zahlreicher Aufsätze und Publikationen, Herausgeber verschiedener Ausstellungskataloge, Tagungsbände und Publikationsreihen, unter anderem auch des Handbuchs zur Geschichte der Kunst in Ostmitteleuropa (Deutscher Kunstverlag Berlin/München).
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